Kinder, Kinder, wie sollt ihr Social Media lernen?

Ein sehr interessanter Bericht zum Einsatz und dem Erlernen von Social Media an Schulen. Im Bericht wird Schule und Hochschule gemischt betrachtet . Die Meinungen die vertreten werden sind sehr alltagsbezogen und geben ein realistisches Bild zu Social Media zum momentanen Zeitpunkt ab. Den Bericht von Su Franke und die Kommentare dazu lesen sie hier

Kinder, Kinder, wie sollt ihr Social Media lernen?

Über Jugendliche, Kinder und Social Media mach ich mir regelmässig Gedanken. Inzwischen wird an vielen Schulen über Mobbing im Web gesprochen und auch die Privatsphäre Einstellungen sind bekannt. Aber werden die Medien auch wirklich schon eingesetzt im Unterricht, als sei es das normalste von der Welt?

Warum ich das gerade heute aufgreife? Ich bekam eine Anfrage von einem 11jährigen. Im Unterricht behandeln sie das Thema “Medien”. Elias und seine Gruppe haben sich fünf Fragen zum Thema “Social-Media” ausgedacht, die ich recht fortgeschritten finde und mit eurer Hilfe beantworten möchte.

  1. Ist Twitter und Facebook für Kinder unter 10 Jahren geeignet?
  2. Welche Gefahren hat Facebook und Twitter?
  3. Welchen Sinn macht Twitter und Facebook?
  4. Welche positiven Seiten hat Twitter und Facebook?
  5. Wie wehrt man sich gegen Cyber Mobbing?

Nun ist das aber nicht mein Kerngebiet. Ich verweise gerne auf Philipp Wampfler. Philipp beschäftigt sich intensiv mit Social Media und Schule. Im Sommer bringt er sein neues Buch heraus. Vor einiger Zeit stellte ich ihm ein paar Fragen, die heute endlich ihren würdigen Rahmen finden. Mir ist bewusst, dass ich hier unter dem Begriff “junge Menschen” denke. Deshalb mische ich Schule und Hochschule. Verzeiht mir das.

Was ist deine Kernbotschaft?

Meine Kernbotschaften sind immer dieseleben: Mit Jugendlichen sprechen, ihnen zuhören und sie begleiten. Echtes Interesse an ihren Gedanken und ihrer Mediennutzung zeigen, ihnen helfen, mit ihren Bedürfnissen und Gewohnheiten umzugehen, sie auch ermuntern, auszuprobieren, Erfahrungen zu sammeln – sie damit aber nie alleine lassen.

Haben Lehrer wirklich die Kompetenz, Social Media zu vermitteln, wenn sie dazu “verdonnert” werden ?

Kompetenz ergibt sich aus der Kombination von Informationen mit Erfahrung. Lehrpersonen sind nicht generell inkompetent im Umgang mit sozialen Netzwerken, aber auch nicht generell kompetent. Ich erlebe eine grosse Heterogenität: Auf einer Seite viel Bereitschaft, sich auf Neues einzulassen, auch viel Wissen und Austausch – auf der anderen Seite ein starkes Klammern an die Schule, wie sie früher schon gewesen ist.

Werden da tatsächlich auch Online Kommunikation, Auffindbarkeit und Verlinkung durch Plattformen und Content unterrichtet?

Auch hier werden viele Aspekte unterrichtet, die sinnvoll sind – aber das hängt stark von den Lehrpersonen ab und ist in zu grossem Masse in der Schweiz zufällig, meiner Meinung nach.

Welchen Stellenwert hat im Unterricht die Sozialkompetenz?

Ich kann nicht generell sagen, wie wichtig Sozialkompetenz ist, aber meiner Einschätzung nach ist das einer der wichtigsten Werte an Schweizer Schulen. Das soziale Miteinander kommt oft vor allem anderen – und das halte ich für richtig. Im Umgang mit Medien wird dieser Aspekt aber oft etwas vernachlässigt, weil man Medien oft als einen Einfluss wahrnimmt, der völlig unabhängig von sozialen Kontexten funktioniert. Und das ist falsch.

Welche Tipps hast du für Eltern, die selbst nicht online kommunizieren wollen?

Diese Eltern sollten sich regelmäßig mit Menschen austauschen, die Online-Kommunikation pflegen und ihr eigenes Verhalten Kindern nicht aufzwingen, sondern ihnen ermöglichen, eigene Erfahrungen zu sammeln – die aber mit ihnen auch kritisch zu besprechen.

In Bachelorstudiengängen unterrichten inzwischen viele Dozierende neben ihren Themen auch einzelne Aspekte von Social Media. Am Ende denken manche junge Leute, sie hätten schon alles gesehen. Was sagst du dazu?

Ich denke, an Hochschulen wird Social Media als theoretisches Phänomen unterrichtet. Unterrichteten sollte wohl klar sein, dass sie Einsichten mit praktischer Erfahrung vervollständigen müssen.

Anmerkung von Su: Das fällt mir seit 2013 verstärkt auf, den sogenannten digital Natives wurde lange eingeredet “sie können das”, dabei fehlen die eigentlichen Grundlagen und manchmal der Wille für professionellen Einsatz und Experimentierfreude.

Welchen Einsatz finden Social Media Instrumente im Unterricht in deiner Schule?

An Schulen ist der Einsatz sehr unterschiedlich. Es gibt wenige Lehrpersonen, die den Unterricht durch Tools wie Twitter oder Blogs ergänzen und erweitern, andere nutzen einfache Kanäle wie WhatsApp oder FB auch zur Kommunikation mit Schülerinnen und Schülern. Es gibt viel Potenzial für kreative Lösungen.

Anmerkung Su: Ich wünsche mir, dass Technologien, die auf Social-Mechanismen basieren, mehr eingesetzt werden. Wikis, Austauschplattformen, wo Schüler, Studierende und Dozierende gleichermassen beitragen. In einem Interview hab ich von dir zum erstenmal von MOOCs gehört. Dabei geht es vorallem nicht um die autoritäre Vermittlung von Inhalten, sondern darum, dass die Lernenden als Community beitragen. Neben Moodle, das ich oft als Dokumenten-Management-System erlebe, haben Dialogplattformen in der Lehre grosses Potenzial. So könnten alle Beteiligten  E-Collaboration erleben und Chancen und Gefahren von Online Netzwerken verinnerlichen. Blogs sind hier nur ein kleiner Teil, aber ich finde die Erfahrungen der Studierenden von Hans-Dieter Zimmermann lesenswert. Wie die FHS in einem Lab Prozesse modellierte ist ebenfalls einen lehrreichen Blick wert. Chat war eins der beliebtesten Tools. Warum wohl in Firmen und Schulen immer noch so viel gemailt wird?

Wem empfiehlst du dein Buch?

Mein erstes Buch richtet sich vor allem an Lehrpersonen, ist aber auch für Eltern von schulpflichtigen Kindern interessant.

Was hältst du von Kinderbildern, die bereits zur Geburt von Eltern geteilt und mit Namen vertagt werden?

Kinder haben meiner Meinung nach das Recht, ihre Internet-Präsenz selbst zu bestimmen. Das Bedürfnis von Eltern, ihren Nachwuchs zu präsentieren, halte ich für weniger wichtig als die Rechte betroffener Kinder. Gegen wenige, gut ausgewählte Portraits von Kindern gibt es aber wenig einzuwenden.

Tipps zum Vertiefen

Aber nochmals zu Elias’ wichtigen Fragen. Wie sollen Kinder Social Media lernen? Ältere befragen ist schonmal ein guter Anfang. Was würdet ihr ihm antworten?

Lesen sie in diesem Zusammenhang auch den Beitrag über die mediale Taufe – Fotos von Babys auf Facebook und anderen Sozialen Netzwerken.

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